Psychotherapie ist für mich u.a. der Versuch, Raum und Zeit für einen Umweg zu schaffen, wenn wir unsere Ziele auf eiligen, gewohnten Wegen nicht mehr erreichen können, z.B. aufgrund von Krankheit oder Schicksalsschlägen. Dieser von PatientIn und Therapeutin gemeinsam begangene "Umweg" kann dazu dienen, sich des schon zurückliegenden Weges bewusst zu werden, Ziele neu zu definieren und neue Wege dorthin zu entdecken. Der genaue Verlauf des gemeinsamen Weges, die Dauer, dabei auftretende Hindernisse, sich ergebende Weggabelungen etc. lassen sich zumeist erst im Laufe der Zeit erkennen.
In diesem Sinne verstehe ich Psychotherapie als einen individuellen, primär personenzentrierten Prozess, der erst in zweiter Linie bestimmt wird durch das jeweilige Beschwerdebild bzw. die eingesetzte Therapiemethode. Konkret bedeutet das, dass sich PatientIn und Therapeutin fortlaufend über die angestrebten Ziele verständigen und dass es auf dem Weg dorthin oft zweckmäßig ist, verschiedene therapeutische Methoden zu integrieren.
Zum Abschluss kommt der gemeinsame "Umweg", wenn die/der PatientIn erkennt, dass sie/er den Kompass für ihren eigenen Weg selber in der Hand hält und diesen auch wieder eigenständig lesen kann.